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  • Writer's pictureMarkus Brandstetter

"We are family": ACT feierte 30 Jahre Labelgeschichte in der Berliner Philharmonie


David Helbock, Michael Wollny, Iiro Rantala © ACT / Georg Stirnweiß.

Das renommierte deutsche Jazz-Label ACT lud zu seinem 30. Geburtstag für zwei Abende in die Berliner Philharmonie. Am zweiten davon führte der schwedische Posaunist und Label-Veteran Nils Landgren durch ein generationsumspannendes und mitreißendes Programm, bei dem sich alteingesessene Größen mit jungen Künstlern und Künstlerinnen die Klinke (beziehungsweise die Instrumente) in die Hand gaben.


„We are family“

Es wurde bei der ACT-Familienfeier mitunter ganz schön voll auf der Bühne — am Ende des Abends teilten sich gleich drei Schlagzeuger, Wolfgang Haffner (an diesem Abend quasi Dauer-Drummer), Diego Piñera und Eric Schaefer die rhythmischen Pflichten. Auch an Pianistinnen und Pianisten gab es wahrlich keinen Mangel — mit Michael Wollny, Iiro Rantala, David Helbock, Johanna Summer, Anna Gréta und Jan Lundgren spielten an diesem Abend gleich sieben Künstler und Künstlerinnen Klavier. Teilweise sogar mit-, neben- und aufeinander (dazu später mehr), Weil so ein wilder Mix aber auch einen Zeremonienmeister braucht, der durch den Abend führt und dem ganzen einen roten Faden gibt, fungierte Posaunist, Sänger und Komponist Nils Landgren als Conferencier durch den Abend und spielte beim Großteil der Stücke auch selbst mit.


Nils Landgren © ACT / Georg Stirnweiß.


30 Musiker und Musikerinnen hätten es eigentlich sein sollen — weil Julian und Roman Wasserfuhr aber an Corona erkrankt waren, waren es schlussendlich nur 28, die an diesem Abend die Erfolgsgeschichte des Labels und seine Musik feierten. Neben bereits genannten Musikern waren an diesem Abend unter anderem Lars Danielson (Kontrabass), Nguyên Lê (Gitarre), Ida Sand (Gesang), Jakob Manz (Saxophon), Viktoria Tolstoy (Gesang), Nesrine Belmok (Violoncello und Gesang) und Ulf Wakenius (Gitarre) mit dabei.


Dabei gab es einen Querschnitt durch den ACT-Kosmos der letzten Jahre — von reduzierten Line-ups bis zu Quasi-Big-Band-Besetzung war alles dabei. Ein besonderes Highlight war dabei das Klavier-Trio Helbock/Wollny/Rantala — drei eigentlich grundverschiedene Pianisten, allesamt Weltklasse und im Trio sagenhaft. Helbock machte den Anfang, ehe Rantala — schelmisch wie immer — einen von ihm geschrieben Ragtime als Cardio-Programm ankündigte und dabei seiner linken Hand ein High-Intensity-Training verpasste. Am Ende des Dreier-Sets (das an sich schon abendfüllendes Potenzial hätte) liefen Wollny, Rantala und Helbock zwischen den Klavieren/dem Rhodes hin- und her und bearbeiten am Ende den selben Flügel.





Es herrschte an diesem Abend wenig überraschend eine hohe Schweden-Dichte. Man hätte zu Beginn fast glauben können, erklärte Label-Gründer Siggi Loch in seiner Eröffnungsrede des Abends, dass es sich bei ACT um ein schwedisches Label gehandelt habe. So war auch der wohl international bekannteste Act (no pun intended) des Labels, das Esbjörn Svensson Trio, aus Schweden — dem 2008 bei einem Tauchunfall ums Leben gekommenen Svensson wurde an diesem Abend mehrfach gedacht. Seine ehemaligen Bandkollegen Magnus Öström und Dan Berglund fehlten an diesem Abend leider — einer, den man auch vermisst hat, war der Saxofonist Marius Neset.


Zum Abschluss des Abends ging es dann nochmal ordentlich rund — nahezu alle Musiker kamen auf die Bühne und spielten den Canned-Heat-Klassiker "Let's Act Together". Einmal kam man anschließend noch zur Zugabe auf die Bühne — und lieferte mit dem Sister-Sledge-Song "We Are Family" den Abschluss. Drei Drummer, etliche Pianisten (Wollny und Summer vierhändig am Flügel), Tim Lefevbre am E-Bass und Lars Danielson am Kontrabass sich gegenseitig Raum gebend, jede Menge Chorgesang, die Scheinwerfer immer wieder ins mittlerweile stehende Publikum gerichtet.


Siggi Loch © ACT / Georg Stirnweiß

Besonderer Applaus (und Standing Ovations) galten an jenem Abend freilich Labelgründer Siggi Loch — der die Label-Geschicke mittlerweile mit seinem Partner Andreas Brandis leitet. Loch war es, der vor 30 Jahren die Vision eines Jazzlabels hatte. Daraus wurde eines der wesentlichen europäischen Jazzlabels, das internationale Stars hervorgebracht hat und auch heute noch großen Fokus auf die Förderung von Jungtalenten legt.


Happy birthday, ACT. Auf die nächsten 30.


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